Das FabLab in Kamp-Lintfort ist ein wilder Tüftlertraum. Hier stehen modernste Maschinen soweit das Auge reicht. Die perfekte Umgebung um kreativ an handfesten oder digitalen Lösungen für Alltagsprobleme für Menschen mit Behinderung zu werkeln. Darin bestand das Ziel des Innovationsforums von HelpCamps. Die angerissenen Ideen vom BarCamp in Dortmund sollten jetzt zum Leben erwachen. Neben diesem „Hackathon“ getauften Programmpunkt wurden die Tage mit zahlreichen Vorträgen und Workshops vollgepackt. Ein straffer Fahrplan!
Der Freitagmorgen beginnt entspannt bei Kaffee und Keksen. Es gibt ein großes Wiedersehen der Makerszene mit Helfersyndrom. Ich plausche mit Lars Thalmann von e-Nable und Hanna Linke von Selfmade. Lars hat gerade einen dicken Aktenordner auf den Tisch gelegt: „Alles DIN-Normen! Dabei wollen wir nur Spiel-Prothesen für Kinder bauen.“ Ein absurdes Paragrafenreiten, dass engagierten Menschen das Helfen erschwert. Trotz dieser Hürden hat sich e-Nable durchgebissen und eine Lösung gefunden, davor habe ich allergrößten Respekt.
Im Hörsaal kommen wenig später die ersten Redner zu Wort. Neben den „üblichen Verdächtigen“ von Selfmade und be-able interessierte mich – vorbelastet vom Gespräch im Foyer – der rechtliche Aspekt der Hilfsmittelbauerei.
Im Anschluß stellen sich die Entwicklungsteams vor, die weiter an ihrer Idee vom BarCamp herumspinnen wollen. Hier habe ich meinen ersten Einsatz (siehe Video). Wie bereits verbloggt wollte ich mich beim „Zocken“ und der Onlineplattform einbringen. Nach der Mittagspause geht es weiter mit den Workshops. Einen davon biete ich an. Wie könnte es anders sein, handelt dieser natürlich wieder von den DIY-Tastern von ATMakers.
Dafür ziehen die etwa vierzig Teilnehmer vom Hörsallgebäude in das FabLab um. Dort staune ich nicht schlecht über die Ausstattung. Auf den leider abgesperrten Bereich im Erdgeschoß schaue ich sehnsüchtig von einem kleinen Balkon herunter. Dort unten wird es nämlich erst richtig ernst: „Wir bauen dort gerade ein Haus“, sagt FabLab-Mitarbeiterin Adriana Cabrera und deutet auf mannshohe Trennwände. Eine tolle Umgebung, um selber aktiv zu werden. Eine kleine, fünfköpfige Gruppe wartet bereits am Tisch mit der Bezeichnung „Ein Knopf für alles“ auf mich.
Leider merke ich schnell, dass nicht alle Materialien so geliefert wurden, wie bestellt. Doch dank Adrianas Improvisationstalent werden kurzfristig Kabel und Stecker aus dem FabLab herangezaubert. Krise abgewendet, jetzt geht es los. Ich zeige kurz die Anleitung und lasse erstmal machen. Skepsis macht sich breit: „Ich löte heute zum ersten Mal“, höre ich zunächst häufiger. Nach nicht einmal einer Stunde hat trotzdem jeder in der Runde seinen Taster fertig. Genial! Sogar an den etwas komplizierten Batterieunterbrecher wagen sich alle. Wenig später kläfft das Spielzeughündchen auf selbstgetüftelten Tastendruck. „Das benutze ich für meine Lichterkette!“, erklärt eine Teilnehmerin. Stimmt, dass geht. Über solch einen Heimgebraucht habe ich tatsächlich noch gar nicht nachgedacht. Ganz neue Möglichkeiten!
Selbst bei der Abmoderation von Mit-Organisator Niels Lichtenthäler flüstere ich noch kleine Tipps in Richtung Lötstation. Aufgrund des straffen Zeitprogramms geht die Veranstaltung schon wieder in die nächste Phase über. Jetzt steht der Hackathon an. Mein Plan: Nur schnell die Teile für Dennis‘ Zockhalterung anschmeißen, den Drucker arbeiten lassen und bei der Onlineplattform mitplanen. Dagegen hatten leider das WLAN, Cura und der Ultimaker etwas. Dank einiger Unterstützung bewegte sich später am Abend doch noch etwas auf dem Druckbett.
In der Zwischzeit wurde die Online-Plattform kräftig diskutiert. Wir wollen eine Anlaufstelle schaffen für Menschen, die auf der Suche nach Alltagshilfen sind und sie mit Makern zusammenbringen. Die Ideen sprudeln nur so heraus, dass wir uns gegenseitig zügeln müssen. Programmierer Marvin rief noch bis lange nach Sonnenuntergang immer wieder „Das ist überflüssig! Viel zu kompliziert! Ich mache das anders!“ in die Runde (und nicht selten in meine Richtung) und dafür bin ich ihm sehr dankar.
Am Samstag ging es bereits morgens weiter. Ich rettete meine 3D-Objekte (immer Eines von Dreien hat es geschafft…) aus den Druckern und kämpfte weiter mit dem WLAN. Mehr Glück und vermutlich auch Geschick hatte unser Team mit den Skizzen zu Online-Plattform. Niels und Jonas Morgenroth ließen im Endspurt die Post-Its und Zettel nur so fliegen.
Nach der Mittagspause gingen die Vorträge in eine erneute Runde. Besonders cool fand ich Jan Thar, der an der RWTH Aachen nicht nur ultracoole Sensoren für Menschen mit Sehbehinderung erfindet, sonder auch sehr souverän durch seine Präsentation spurtete.
Mit meinem Vortrag feierte ich eine persönliche Premiere: Erstmals hatte ich eine Power-Point-Präsentation im Rücken, wenn ich über mein liebes Hobby als Hilfsmittel-Maker spreche. Scheint aber ganz gut angekommen zu sein, wenn ich den Tweet von Niels richtig deute. 😉
Wenig später stehe ich mit dem HelpCamps-Team im Foyer und stoße mit Flens an. Ein bisschen erschöpft sieht das Grüppchen um den Bierkasten bestimmt aus. Die zwei Tage waren sehr intensiv, aber auch schön. Ich glaube, ich habe es schon einmal irgendwo so geschrieben, aber ich schreibe es gerne nochmal: Ich bin glücklich ein Teil dieser Szene zu sein.
Ganz besonders gefreut habe ich mich jedoch über die allerletzte Begegnung, bevor ich mich auf die Heimreise gemacht habe. Nur wenige Meter vor meinem Wagen spricht mich eine kleine Gruppe an: „Wir sind wohl deine größten Fans heute“ und „Vielen Dank für den tollen Vortrag. Ich habe gleich gesehen, das muss ein Lehrer sein, das war didaktisch top!“ Wir plaudern noch kurz und nach dieser schönen, warmen Dusche schwebe ich über die Autobahn zurück nach Paderborn.